Bartholomaios bedauert konservative Tendenz in der Orthodoxie
Rom, 3.4.2015 (KAP) In einem langen Oster-Interview mit der am Samstag erscheinenden römischen Jesuiten-Zeitschrift "La Civilta Cattolica" (April-Ausgabe) hat der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. die Tendenz in vielen orthodoxen Landeskirchen zum Konservativismus bedauert. "Sie reagieren auf die Herausforderungen unserer Zeit damit, dass sie sich in sich einschließen, in ein erstickendes und exklusives Fürsichbleiben", sagte das Ehrenoberhaupt von mehr als 220 Millionen orthodoxen Christen im Blick auf die zentralen Probleme des "Panorthodoxen Konzils" 2016. Die Kirchenversammlung - eigentlicher Name ist "Heiliges und Großes Konzil" - findet im nächsten Frühjahr in der Istanbuler Irenenkirche statt.
Der Patriarch, der fließend italienisch spricht, weil er fünf Jahre am Päpstlichen Orientinstitut in Rom studiert und dort 1968 sein Doktorat erworben hat, bedauerte auch den Stillstand im theologischen Dialog zwischen orthodoxer und katholischer Kirche wegen der weiterhin bestehenden großen "beidseitigen Vorurteile und Polemiken" beim Zentralthema "Primat und Kollegialität in der Kirche". Dabei geht es um die Ausübung des obersten Leitungsamtes in der Kirche um das Zusammenwirken von Leitungszentrale, Landeskirchen und Diözesen.
Wörtlich sagte der Patriarch: "Natürlich hat die Gemeinsame Internationale Dialogkommission schon mehrere wichtige gemeinsame Dokumente produziert. Wir müssen jedoch anerkennen, dass es noch viel zu tun gibt - sowohl zwischen unseren beiden Kirchen als auch innerhalb unserer eigenen Kirchen. Es besteht kein Zweifel, dass der Weg lang und schwierig sein wird. Aber als Jünger unseres Herrn, der zum Vater gebetet hat und seine Jünger aufgefordert hat, dass sie eins seien, haben wir keine andere Wahl, als diesen Weg der Versöhnung und Einheit zu verfolgen. Jeder andere Weg wäre unehrenhafter Verrat an dem Willen des Herrn und eine inakzeptable Rückkehr zu unserer gegenseitigen Entfremdung und bedauerlichen Vergangenheit."
Der Dialog habe 1964 begonnen, erinnerte Bartholomaios. Heute, mehr als 50 Jahre später, sei das Bedürfnis nach Versöhnung aber noch größer und noch dringender, hob der Patriarch hervor: "Deshalb waren unsere Treffen mit unserem lieben Bruder Franziskus in Rom, Jerusalem und Istanbul Ereignisse von großer Bedeutung und Konsequenz. Sie sind aber - und wir müssen das demütig anerkennen und realistisch bekennen - nur ein erster Schritt der Annäherung."
Die Treffen in Rom, Jerusalem und Istanbul seien "bescheidene Bekräftigungen unseres Willens, unserer Bemühungen um christliche und friedliche Versöhnung auf globaler Ebene" gewesen, erklärte das orthodoxe Kirchenoberhaupt. Sie zeigten bei aller Vorläufigkeit deutlich, dass "von unserer Seite gemeinsam die Bereitschaft besteht und die gemeinsame Verantwortung erkannt wurde, den Weg zu gehen, der von unseren Vorgängern gepflastert wurde und auf den wir durch den Auftrag unseres Herrn Jesus Christus vorangehen sollen".
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